Bundestag muss Zugang zu Dokumenten des Wissenschaftlichen Dienstes gewähren

Zwei Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht hatten heute Erfolg: Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages muss auf Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Zugang zu seinen Ausarbeitungen gewähren. Das betrifft potenziell Hunderte Dokumente, die jährlich für Bundestagsabgeordnete erstellt werden.

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Konkret ging es in dem Fall um eine Studie des Wissenschaftlichen Dienstes zu Ufos sowie um Dokumente, die Ex-Minister zu Guttenberg vom Dienst erstellen ließ und dann in seiner Dissertation verwendete.

Entscheidende Frage in der Verhandlung war: Fallen die Ausarbeitungen unter die Mandatstätigkeit der Abgeordneten oder sind sie Teil der Bundestagsverwaltung? Während die Mandatstätigkeit besonders geschützt ist und Abgeordnete darüber keine Auskunft geben müssen, muss die Verwaltung Dokumente nach dem IFG herausgeben.

Die Bundestagsanwälte (übrigens wie auch schon bei der IFG-Klage von Abgeordnetenwatch die Kanzlei Redeker Sellner Dahs) argumentierten, eine Auskunftspflicht der Wissenschaftlichen Dienste behindere Abgeordnete in der Ausübung ihres Mandats, da die Ausfertigungen auch ohne ausdrückliche Namenskennzeichnung potentiell auf sie zurückgeführt werden könnten. Damit entstehe eine “Schere im Kopf”, da sich Abgeordnete im Nachhinein eventuell für ihre Anfragen rechtfertigen müssten. Außerdem könnten neue Themen so an die Öffentlichkeit gelangen, bevor sie im Bundestag wichtig werden. Die Klägerseite hielt dagegen, dass Ausfertigungen der Dienste prinzipiell neutral und damit von Außenstehenden auch nicht auf einzelne Abgeordnete zurückzuführen seien.

Die Richter argumentierten schließlich, dass Dokumente der Wissenschaftlichen Dienste nur Grundlagen seien, auf denen Abgeordnete politisch tätig würden. Sie seien also erst einmal als Informationen zu behandeln, die der Verwaltung zuzurechnen seien.

Die Frage, ob der Gesetzgeber ursprünglich den Wissenschaftlichen Dienst vom Auskunftsanspruch ausnehmen wollte und wie das Zustandekommen des Gesetzes zu interpretieren ist, war mangels konkretem Gesetzestext dazu nur sekundär. Hier hatte das OVG Berlin noch anders geurteilt.

Der zweite inhaltliche Streitpunkt betraf das Urheberrecht: Das Gericht sah ein grundsätzliches Verbot der Veröffentlichungen von Ausarbeitungen als unzureichend an. Vielmehr müsse der Bundestag sein Urheberrecht an seinen Arbeiten “im Lichte des Informationsfreiheitsgesetzes sehen”. 

Damit müssen also angefragte Dokumente des Wissenschaftlichen Dienstes herausgegeben werden. Ungeklärt ist noch, ob die Veröffentlichung von angefragten Dokumenten nach dem Urheberrecht im Einzelfall verboten werden wird und dann ggf. einzelne Ausfertigungen vielfach angefordert werden müssen.

Das Urteil ist rechtskräftig. Eventuell könnten einige Abgeordnete mit Verweis auf ihre Mandatstätigkeit noch Beschwerde beim Verfassungsgericht einlegen. Dies erscheint jedoch unwahrscheinlich.

Zur Übersicht der Ausfertigungen gibt es jetzt bereitseinigeAnfragen, bevor wir dann systematisch einzelne Werke anfragen. Und auch einige Gutachten wurden bereits angefragt.

Zu den bisherigen Anfragen

Hier geht es zum internen Leitfaden des Wissenschaftlichen Dienstes

Zur Pressemitteilung des Bundesverwaltungsgerichts

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