Abgebrakte Antworten

Dass die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) mit der Entwicklung des elektronischen Anwaltspostfachs beA ausgesprochen schlecht beraten und überfordert war, lässt sich zum Teil damit erklären, dass sich Rechtsanwälte nur selten mit IT auskennen.

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Die Art, wie die BRAK jetzt aber mit Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz dazu umgeht - das die Juristen verstehen sollten - ist nicht mehr durch fehlendes Wissen zu erklären. Die BRAK lehnt einen Großteil der Auskünfte in Bezug auf das beA mit dem Verweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sowie die Vertraulichkeit der Dokumente ab. Damit macht sie es sich aber viel zu einfach. Drei Beispiele:

Geheim, weil geheim

2015 hat die Firma SEC-Consult dem beA in einem Gutachten ein "hohes Sicherheitsniveau" bescheinigt. Wie die Gutachter zu diesem offensichtlich falschen Schluss gekommen sind, will die BRAK nicht preisgeben - mit einer frechen Begründung: "Das im Auftrag von Atos für Atos (sic!) erstattete Gutachten ist als 'streng vertraulich' gekennzeichnet. In den Verträgen der Bundesrechtsanwaltskammer mit Atos ist geregelt, dass alles vertraulich zu behandeln ist, was als solches gekennzeichnet ist."

Die BRAK sagt also im Prinzip: Das Gutachten ist geheim, weil wir sagen, dass es geheim ist. Tatsächlich ist es aber natürlich egal, welche Vertraulichkeitsabsprachen die BRAK in ihre Verträge mit Unternehmen aufnimmt. Nach dem Gesetz hat sie Auskunft zu geben. Der Vertrag ist in diesem Punkt unwirksam.

Das gilt übrigens nicht nur für Körperschaften wie die BRAK. Auch Bundesministerien dürfen nicht einfach Dokumente als Verschlusssache (z.B: VS-Geheim) kennzeichnen, um sie zurückzuhalten. Nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts müssen sie bei einer Geheimhaltung inhaltlich begründen, warum Dokumente vertraulich bleiben müssen.

Betriebs- und Geschäftsgeheimnis als Ausschlussgrund

Die BRAK will neben Gutachten auch ihre Verträge mit Atos nicht herausgeben, weil die Vertragsinhalte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse darstellten. Auch das ist eine freche Argumentation. Selbst wenn einzelne Passagen tatsächlich geheim bleiben müssen, sollten diese geschwärzt und der Rest des Dokuments natürlich herausgegeben werden. Nur weil ein Teil eines Textes geheim ist, macht er damit nicht auf magische Weise den Rest des Textes geheim.

Einstufung als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse

Einen großen Teil der bei ihr angefragten Dokumente gibt die BRAK nicht heraus, weil sie angeblich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalten, darunter Verträge, Gutachten und Schriftverkehr. Dabei verlässt sich die BRAK anscheinend vor allem auf das Urteil ihres IT-Dienstleisters, das bestimmte Textpassagen als solche Geheimnisse einstuft.

Letztlich ist aber nicht Atos für die Bewertung von Geheimnissen zuständig, sondern die BRAK selbst. Sie müsste in jedem Einzelfall prüfen, ob so bezeichnete Geheimnisse tatsächlich solche sind - sie also zum Beispiel nicht durch die Berichterstattung der letzten Wochen inzwischen bereits allgemein bekannt sind. Käme die BRAK zu dem Schluss, dass doch nicht alle von Atos so gekennzeichneten Texte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind, müsste im Zweifelsfall Atos auf Geheimhaltung klagen. Das will sich die BRAK vermutlich ersparen.

Die ersten Antworten der BRAK auf IFG-Antworten zeigen, dass die Kammer ihre Antwortpraxis in Bezug auf das beA-Desaster dringend überdenken sollte. Dabei müsste sie gar nicht auf weitere IFG-Anfragen oder Widersprüche und Klagen warten. Zentrale Dokumente wie Verträge und Gutachten zum beA könnte sie auch von sich aus veröffentlichen. Macht sie das nicht, wird sie womöglich bald vor Gericht dazu gezwungen werden.

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