Unsere neue KampagneFrag Das Jobcenter!

Jobcenter in Deutschland sind mächtige Behörden: Sie dürfen nicht nur diejenigen Personen überwachen, die von ihnen Leistungen beziehen, sondern auch Daten von Menschen überprüfen, die mit ihnen in einem Haushalt leben - auch durch Überprüfung sozialer Netzwerke

-

Jobcenter entscheiden selbst mitunter willkürlich darüber, wem Leistungen gekürzt werden und wie sogenannte Jobcenter-Kunden bestraft werden, wer in Maßnahmen gehen muss und wer nicht.

Wie genau die Jobcenter aber ihre Entscheidungen fallen, bleibt meist im Dunkeln. Während sich die Kunden der Jobcenter ausleuchten lassen müssen, sind die meisten Jobcenter kaum transparent. Das betrifft unter anderem die internen Weisungen, die sich die Behörden selbst geben. Sie regeln zum Beispiel die Übernahme bestimmter Arztbehandlungen oder den Umgang mit Sanktionen.

Mitmachen: Frag Das Jobcenter!

Mit der neuen Kampagne "Frag Das Jobcenter" von FragDenStaat sollen alle Jobcenter verpflichtet werden, ihre internen Weisungen sowie die Zielvereinbarungen zu veröffentlichen, die sie mit der Bundesagentur für Arbeit geschlossen haben. Diese regeln, wie viele Menschen Leistungen beziehen dürfen und wie viele von ihnen in Maßnahmen gehen sollen. Die Jobcenter müssen die Dokumente nach dem Informationsfreiheitsgesetz herausgeben.

Mitmachen bei der Kampagne ist einfach: Auf FragDenStaat.de/jobcenter eines der 408 deutschen Jobcenter auswählen und eine vorgefertigte Mail über die Plattform an die Behörde senden - wie schon bei der ähnlichen Kampagne "FragDenBundestag" im Frühjahr. Das Ziel dabei: Mittelfristig sollen alle Jobcenter ihre Weisungen und Zielvereinbarungen laufend aktuell auf der eigenen Homepage veröffentlichen.

Jobcenter müssen Telefonlisten nicht herausgeben

In einem anderen Punkt müssen Jobcenter nicht transparenter werden. Nach einem heutigen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sind die Behörden nicht unbedingt dazu verpflichtet, die Telefonnummern einzelner Sachbearbeiter auf Antrag herauszugeben.

Dem Urteil ging ein jahrelanger Streit um die Herausgabe von Telefonlisten von Jobcentern voraus. Viele Betroffene können ihre Sachbearbeiter in Jobcentern nicht direkt kontaktieren und müssen für eine telefonische Kontaktaufnahme Callcenter in Anspruch nehmen. Während in den vorigen Instanzen einige Verwaltungsgerichte der Ansicht waren, dass die Listen mit Telefonnummern von Jobcenter-Mitarbeitern auf Anfrage nach dem IFG herausgegeben werden müssen, verhinderten die nächsthöheren Instanzen eine Herausgabe.

Datenschutz der Jobcenter-Mitarbeiter betroffen?

Diese Urteile bestätigte heute das Bundesverwaltungsgericht: Zum einen seien die Diensttelefonnummern (wohlgemerkt nicht die Privatnummern) von Mitarbeitern als personenbezogene Daten zu werten. Diese dürften daher nur dann herausgegeben werden, wenn die betroffenen Sachbearbeiter zugestimmt hätten oder im Einzelfall ein überwiegendes öffentliches Interesse vorhanden sei. Ein solches Interesse konnte die vorige Instanz allerdings nicht erkennen.

Zum anderen hatte das Gericht auch nichts einzwuenden gegen die Urteile des Oberverwaltungsgerichts Münster und des Verwaltungsgerichtshofs München. Die sahen durch die Herausgabe der Listen die öffentliche Sicherheit gefährdet und argumentierten, dass durch die Bekanntgabe der Telefonnummern von Jobcenter-Mitarbeitern die Funktionsfähigkeit der Jobcenter beeinträchtigt werden könnten. Durch Anrufe von außen würden Mitarbeiter daran gehindert, effektiv zu arbeiten. Zudem seien Mitarbeiter durch telefonische Angriffe und Diffamierungen gefährdet.

Ausdehnung der informationellen Selbstbestimmung

Das bedeutet, dass Betroffenen in vielen Jobcentern keine Möglichkeit bleibt, ihre zuständigen Sachbearbeiter direkt zu kontaktieren. Auch über Jobcenter hinaus wird das Urteil vermutlich Konsequenzen haben: Wenn auch Daten wie dienstliche Telefonnummern und nicht nur Daten des Privat- und Familienlebens vom Schutzbereich des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung erfasst sein sollen, wird künftig die Überprüfbarkeit politischer Entscheidungen weiter erschwert.

Wer weitere Hinweise und Dokumente zu dem Thema hat: Das Recherchebüro Correctiv recherchiert für sein Dossier zur "Ungerechten Arbeitswelt" zu Jobcentern in Deutschland und freut sich über Einsendungen.

Jetzt Jobcenter anfragen

Foto: cucchiaio, CC BY-NC-ND 2.0

Für eine informierte Zivilgesellschaft spenden

Unsere Recherchen, Klagen und Kampagnen sind essentiell, um unsere Politik und Verwaltung transparenter zu machen! So können wir unsere Demokratie stärken. Daraus schlagen wir kein Profit. Im Gegenteil: Als gemeinnütziges Projekt sind wir auf Spenden angewiesen.

Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit!

Jetzt spenden!

Erfolg für Informationsfreiheit Innenministerium muss 15.000 Euro an Antragssteller zurückgeben

Die Regeln sind eigentlich klar: Für die Bearbeitung von Anfragen nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) dürfen Behörden in Ausnahmefällen Maximalgebühren von 500 Euro erheben. Ausgerechnet das für das IFG zuständige Bundsinnenministerium (BMI) sieht das allerdings anders.